Früher - und damit meine ich wirklich wirklich früher - war die Diabetestherapie relativ simpel. Simpel, aber nicht angenehm. Strikte Essenszeiten und die Beschränkung auf wenige, blutzuckerunwirksame Nahrungsmittel bestimmten das Leben der Betroffenen (ja, auch ich mag dieses Wort nicht wirklich und verweise an dieser Stelle auf einen gelungenen Artikel von mein-diabetes-blog.com). Das ist heute besser. Auch nach der Einführung der Insulintherapie erwies sich die Behandlung als vergleichsweise einfach (im Vergleich zu dem Tamtam, das heute so veranstaltet wird). Insulin rein, gut is.
Heute gestaltet sich die Therapie des kleinen Zuckerscheißers wesentlich angenehmer, aber dafür weniger simpel. Frei nach dem Motto: "Mehr Rechte, mehr Pflichten". Die Diabetesgesellschaft von heute ist eine weitestgehend Aufgeklärte. Jeder weiß über die Vorgänge (oder eben Nichtvorgänge) im eigenen Organismus zumindest rudimentär Bescheid und versteht seine Krankheit in ihren Grundzügen. Ein großer Vorteil mit einem langen Rattenschwanz. Denn Aufgeklärtheit fordert Denken. Das wusste schon Kant.
Und so reicht es heute schon lange nicht mehr, die reine Menge an zugeführter, blutzuckerwirksamer Nahrung in BE (oder doch lieber KE??...seht ihr, da geht's schon los...ich oute mich, ich rechne mal mit 10g und mal mit 12g...wie es am besten passt! Klappt trotzdem!) umzurechnen, um daraus die benötigte Insulinmenge zu bestimmen. Nein! Auch die Zusammensetzung der Kohlenhydrate spielt heute eine Rolle
(Genaueres zum Thema KH-Zusammensetzung findet ihr im Glossar). Je nach Zusammensetzung wird die Insulinmenge dann gesplittet abgegeben oder komplett über mehrere Stunden verzögert (das alles geht mit der Pumpe relativ problemlos), da Nahrung, die aus langkettigen KH besteht ja länger braucht, bis sie im Blut ist, als kurzkettige KH. Es werden aber längst nicht mehr nur Kohlenhydrate berechnet...

Nicht nur gibt es heute scheinbar tausend Wege die Nahrung in berechenbare Einheiten niederzubrechen, oder Insulin abzugeben, es gibt auch mindestens genauso viele Insuline, Messgeräte und Teststreifensorten. Man entscheidet sich dafür einen bestimmten Kathether zu benutzen oder eben nicht zu benutzen. Man wählt zwischen Pumpe oder Pen (oder "wird gewählt"...oder möchte gerne wählen, darf aber nicht). Und jede dieser (noch so kleinen) Entscheidungen kann letztendlich den Ausschlag geben zwischen Erfolg und Misserfolg. Zwischen Gesundheit und Krankheit.
Ohje...und jetzt wo ich das hier so schreibe, frage ich mich, wie ich als relativ verplanter Mensch das immer wieder hinkriege. Obwohl ich mit diesem ganzen Schlamassel großgeworden bin, scheint es mir manchmal undurchdringlich. Es gibt so viele Stellschrauben, an denen man drehen kann, um den Blutzucker zu beeinflussen und es gibt so viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, wenn es darum geht herauszufinden, warum etwas nicht so läuft, wie es soll.
Als wäre das Leben nicht schon kompliziert genug...
A
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen